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05.12.2024 15:50

Aufschieberitis – Tipps & Tricks gegen nervige Prokrastination

Der allerletzte Drücker ist meist der Zeitpunkt, an dem ich meine Aufgaben erledige. Es landet vieles auf der langen Bank und wird dort vergessen, bis es (fast) zu spät ist.

Kennst du auch? Na dann, Willkommen im Club!

Heute nehmen wir die verpeilte Aufschieberei und das tägliche Prokrastinieren mal etwas genauer unter die Lupe und schauen uns an, was (vielleicht) dagegen hilft

[In der Blog-Übersicht wird hier ein Weiterlesen-Link angezeigt]


Kurz vor Knapp

Es ist Nacht draußen, das ganze Haus schläft, nur aus der Schreibwerkstatt dringt noch nervöses Tippen. Meine kalten Finger flitzen über die Tastatur, mein Blick huscht immer wieder hinüber auf meine Schreibtischuhr. 23 Uhr – Noch eine Stunde!

Um Mitternacht endet die Frist für den Schreibwettbewerb. Keine Ahnung, ob ich rechtzeitig fertig werde.

Seit drei Monaten weiß ich von der Ausschreibung. Seit drei Monaten möchte ich mitmachen und genau diese drei Monate lang stand

»Geschichte für den Wettbewerb schreiben« am unteren Ende meiner Prioritätenliste.

»Mach ich, wenn ich Zeit dafür habe!« Finde den Fehler!
Zeit hat man nicht. Zeit muss man sich nehmen. Und jetzt bleibt nun mal nicht mehr viel Zeit zum Nehmen übrig.

Eigentlich hab ich schon die ganze Woche über immer wieder versucht, mit der Geschichte anzufangen. Vergeblich.

Jetzt nach dem Abendessen sind Inspiration und Motivation ausnahmsweise mal zusammengefallen und seitdem sitze ich hier und meine Finger huschen in hektischem Taumel über die Tastatur meines Laptops.

Ich gebe zu: meistens warte ich bis zum letzten möglichen Augenblick, bevor ich etwas anfange. Ich brauche Motivation, um Dinge gemacht zu kriegen. Und die kommt leider oft erst dann, wenn ich die Pistole der Zeit im Rücken spüre.

Kommt Zeit, kommt Zeitdruck. Dann funktioniert es. Meistens. Manchmal kommt auch nur Mist bei raus.

Wenn es dir genauso geht: herzlichen Glückwunsch! Du bist nicht alleine. Lass uns mal sehen, was wir dagegen unternehmen können!


Aufschieberitis und was man dagegen machen kann:

Ich verbummel öfters angefangene Projekte. Weil sie nicht mehr interessant sind? Nö. Einfach, weil sie mit Prioritätsnummer Vier oder Fünf auf der langen Bank sitzen und darauf munter durch die Weltgeschichte geschoben werden.

Wie wäre es mit etwas Struktur und einem ordentlichen Zeitmanagementsystem? Einer täglichen To-do-Liste für Autoren vielleicht?

Guter Vorschlag. Der funktioniert dann zwei Wochen lang, bis er in den Tiefen der Prioritätenliste versinkt, weil andere Dinge auf einmal wichtiger sind als perfekte Organisation.

Ich schiebe also die Anti-Aufschiebe-Strategie auf. Nicht praktisch.

Das Fachwort für dieses Verhalten lautet Prokrastination. Das klingt irgendwie gefährlich. Und wenn es zu übermächtig wird, dann wird es das auch.


Immerhin: Ich bin nicht alleine. Vielen Kreativköpfen, künstlerischen Chaoten und zerstreuten Professoren geht es genauso. Dir vermutlich auch, wenn du bis hierher durchgehalten hast.

Bleibt die Frage: Was machen wir dagegen? Vor allem, wenn die ganzen tollen Konzepte, To-do-Listen und Pläne irgendwie nicht weiterhelfen?

Es ist an der Zeit, der Aufschieberitis ein paar eigene Ideen entgegenzusetzen.


Alte Strategien und neue Ideen

Eat the Frog

Nichts gegen Metaphern. Ehrlich, ich liebe Metaphern. Aber manche treiben es einfach zu weit!

»Eat the Frog – Friss den Frosch«. Das ist der Name einer bekannten Medizin gegen Aufschieberitis. Und es klingt widerlich!

Gemeint ist damit eine ziemlich simple Technik: Das unangenehmste und unspannendste wird immer zuerst erledigt. Dann ist es gemacht und man hat es hinter sich.

Also erst die Arbeit, dann das Vergnügen.

Mit vollständig vergnügungsfreier Arbeit kann ich mich allerdings nicht anfreunden. Frösche schmecken nun mal ganz und gar nicht gut. Wenn ich meinen Arbeitstag damit beginne, an einem Frosch zu würgen, dann fährt der ganze Tag zum Krötentümpel.

Also – was machen wir mit den Fröschen, den unangenehmen und langweiligen Aufgaben, die wir vor uns herschieben?


»Wer die Menschen studieren will, darf es nicht versäumen, sich in die Gesellschaft von Kindern zu mischen« – ein sehr wahrer Satz des Philosophen Michel de Montaigne. Und genau da entsteht mein Gegenvorschlag.

Kinder haben viele faszinierende Eigenschaften. Doch diese ist eine der besten: Sie können fast jede Situation zum Spiel machen. Ich finde es immer wieder erstaunlich, zu beobachten, wie sie es schaffen, aus langweiligen Aufgaben wie Aufräumen oder Staubsaugen, Spiele und Abenteuer zu erschaffen.

Je stärker wir Kinder durchorganisieren und mit Alltag beladen, desto mehr verlieren sie diese Eigenschaft, und irgendwann sitzen sie dann am Schreibtisch und müssen den Frosch essen, anstatt ihn zu küssen.

Lasst uns das doch einfach andersherum machen. Alles kann ein Spiel, ja, ein Abenteuer sein. Alles eine Frage der Einstellung.

Gott hat uns zwei Wunderwaffen mitgegeben, um uns durch den Alltag zu schlagen: Humor und Phantasie. Lasst sie uns nutzen!

Kiss the frog – don’t eat it! 

Es soll schon vorgekommen sein, dass sich so behandelte Froschaufgaben in Prinzen verwandelt haben.


»Okay, Joas«, sagst du. »Und wie mach ich das zum Beispiel bei der Steuererklärung?«

Äh, ja … Hmmm … fairer Punkt. Es gibt unter den Fröschen auch echt harte Brocken.

Lass dir etwas einfallen! Tu meinetwegen so, als wärst du ein Lehensmann im Mittelalter, der dem Vogt Rechenschaft über den Jahresertrag abgibt. Wenn du das Finanzamt dann allerdings mit »Eure Hoheit« ansprichst, bist du, glaube ich, etwas übers Ziel hinausgeschossen …


To-do-Listen

Ich hab es oben schon erwähnt: Sie funktionieren bei mir nicht.

Aber lasst es uns doch mal ganz genau umgekehrt probieren: Wenn es vorne rum nicht klappt, dann zäumen wir den Gaul von hinten auf. Keine To-do-Liste, sondern eine Done-Liste.

Schreibt einfach auf, was ihr heute geschafft habt. Einfach jeden Tag.

Ihr werdet schnell feststellen, dass es ganz und gar nicht zufriedenstellend ist, wenn außer »Youtube-Recherche« und »Handlungsort auf Google Maps erkundet (Mit allen Pizzerien im Umkreis von 50 Kilometern)« nichts auf der Liste steht.

Und andersherum, wenn man wirklich mal etwas geschafft hat und so auf die Liste schaut, dann ist es ein sehr belohnendes Gefühl.


Bonus-Tipp:

Wenn deine Zeit in schwarzen Löchern wie Instagram, Youtube oder »The useless web« verschwindet, dann probier doch mal Add-ons wie »Unhook Youtube« oder »LeechBlock« aus. Manchmal bewirkt das wahre Wunder.


Vorteile der Aufschieberei

Ganz verkehrt kann das Prokrastinieren – sprich die ewige Aufschieberitis – auch nicht sein. Man kann dabei einiges lernen. Manche prokrastinieren dadurch, Blogartikel über Prokrastination zu lesen. Vielleicht bringt es ja was …

Manchmal kommen einem beim Aufschieben auch die besten Ideen. Und andere Ideen reifen und verbessern sich in der langen (glaub mir, manchmal wirklich sehr langen) Phase, in der man sie durch die Weltgeschichte vor sich herschiebt.

Allerdings nicht immer. Ich sollte mich da auf keinen Fall drauf verlassen.

Wer viel verschiebt, der vergisst auch viel. Zum Beispiel das Thema dieses Eintrags. Also, das, das er laut Reaktionsplan eigentlich haben sollte. Stattdessen habe ich jetzt einen Artikel über meine verpeiltheit geschrieben. Vielleicht lenkt das etwas davon ab, dass ich auch prompt meinen selbst aufgestellten Plan für diesen Blog verpeilt habe.


Jetzt aber! Jetzt bleiben wir dann! Jetzt küssen wir den Frosch und freuen uns darauf, ihn auf die Done-Liste setzen zu können. Mal sehen, ob aus diesem vollmundigen Versprechen etwas wird.


War noch was? Ach ja, klar. Die Wettbewerbsgeschichte. Was ist denn aus der geworden?

23:33 Uhr flatterte die Mail mit der fertigen Geschichte raus und einen Tag später bekam ich die Bestätigung: Ich bin im Wettbewerb. Jetzt heißt es hoffen und warten. Kann der letzte Drücker des literarischen Chaoten gegen wohlgeplante Beiträge bestehen?

Ich halte euch auf dem Laufenden! Wenn ich es nicht vergesse … Jetzt aber zurück zum Tagesplan.


Zu welchem eigentlich?


Egal. Man liest sich!
Joas

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